Alternative Empfangsmöglichkeiten: RADIO OLDTIMER per App, WLAN-Radio oder Autoradio hören.

Das Oldtimer Forum

Das große Oldtimer Forum für Auto, Zweirad, Nutzfahrzeug oder Traktor powered by RADIO OLDTIMER

Typenunabhängig und Bereichsübergreifend

Moderator: Tommy

Benutzeravatar
von Redundant
#19268
Man kennt das ja in der April-Ausgabe der Oldtimer Markt ist immer ein Artikel mit dem die Leser in den April geschickt werden ... aber so richtig! Bei dem Artikel "Besser als neu" in der aktuellen Oldtimer Markt hatte ich fast diesen Eindruck. Was ich in dem Artikel gelesen hatte war einfach zu schön um wahr zu sein. Ein Paradigmenwechsel der Fahrzeugrestaurierung von "besser als neu" zu substanzbewahrender Erhaltung, manifestiert in dem FIVA-Dokument "Charta von Turin" und mit dem Ziel, historische Fahrzeuge bei der UNESCO als international anerkanntes und geschütztes Kulturgut zu etablieren. Das kann, das MUSS die April-Ausgabe sein – das wäre ja zu schön um wahr sein zu können!

Aber mehrfaches Kneifen und wiederholte Kontrolle der Ausgabe belegt eindeutig: Es handelt sich nicht um die April- sondern um die Februar-Ausgabe!

Wenn die genannte Charta in der Oldtimer Markt richtig dargestellt wird, beinhaltet es genau das, was ich schon seit Jahren sage und fordere: Die Übertragung des Denkmaschutzgedankens (soviel Originalsubstanz wie möglich erhalten, notwendige Ergänzungen deutlich erkennbar vornehmen und die Veränderungen dokumentieren). Wenn sich diese Tendenz durchsetzt, hat der geschichtsbewusste gegenüber dem selbstdarstellerischen Umgang mit Oldtimern die Oberhand gewonnen. :D

Auf der einen Seite freue ich mir grade ein Loch in den Kopf. Auf der anderen Seite ist mir grade meine Vision abhandengekommen, weil sie auf dem Weg zur herrschenden Meinung ist! :o
Die Frage, die sich mir jetzt stellt ist: "Und nun, wohin jetzt?!?" :o

Seit ich mich mit alten Autos beschäftige, hatte ich immer eine Vision, wie man den Zugang zu alten Autos weiterentwickeln könnte. Wie man es (bzw. den Umgang mit ihm) von der Persönlichkeitsprothese zu einem geschichtlich bedeutsamen Gegenstand entwickeln könnte. Immer habe ich damit eine Minderheitenmeinung vertreten, bin mit meinen Gedanken in eine Richtung gegangen und hab mich relativ wenig darum gekümmert, wer mit mir in die ungefähr gleiche Richtung geht und wer das eben nicht tut.

Mit einem gewissen Wohlwollen habe ich gesehen, dass zunehmend größere Teile der Oldtimerszene in eine Richtung gegangen sind, in die ich auch (und sicher nicht als Erster) gegangen bin. Die Leute, mit denen ich in die gleiche Richtung gegangen bin, war immer eine Minderheit. Aber welche Vision soll jetzt kommen, wenn das authentische historische Kulturgut Automobil jetzt Wirklichkeit zu werden scheint?!? :o

Viele Grüße,
Thorsten
von LTDV8
#19269
Redundant hat geschrieben: ...
Ein Paradigmenwechsel der Fahrzeugrestaurierung von "besser als neu" zu substanzbewahrender Erhaltung, manifestiert in dem FIVA-Dokument "Charta von Turin" und mit dem Ziel, historische Fahrzeuge bei der UNESCO als international anerkanntes und geschütztes Kulturgut zu etablieren.
...
Hallo,

evtl hat der Herr Hirn vom Himmel geworfen und sogar die Richtigen getroffen?

Unwissende Grüße

LTDV8
Benutzeravatar
von Redundant
#19270
LTDV8 hat geschrieben:
Redundant hat geschrieben: ...
Ein Paradigmenwechsel der Fahrzeugrestaurierung von "besser als neu" zu substanzbewahrender Erhaltung, manifestiert in dem FIVA-Dokument "Charta von Turin" und mit dem Ziel, historische Fahrzeuge bei der UNESCO als international anerkanntes und geschütztes Kulturgut zu etablieren.
...
Hallo,

evtl hat der Herr Hirn vom Himmel geworfen und sogar die Richtigen getroffen?

Unwissende Grüße

LTDV8
:lol: :lol: :lol:

Scheint fast so! :D :jay: :D
von Glatzofatz
#19294
Interessant, wie verschiedene Menschen verschiedene Inhalte in ein- und demselben Text finden können.
Das Detail mit dem Originalzustand, der jetzt plötzlich als wertvoller angesehen wird, als ein toprestauriertes Exemplar, ist zwar nett, spiegelt aber in erster Linie wider, was der Markt schon lange zeigt. Möglicherweise bevölkern mittlerweile einfach zuviele Pur-Sang-"Bugattis" etc. die Klassikerwelt und die finanzstarken Selbstdarsteller suchen schlicht nach Möglichkeiten, ihre eigene Exklusivität zu steigern. Ist ja auch nicht lustig, dauernd von so Knilchen wie mir ausgelacht zu werden.

Ich fand einen anderen Satz weitaus interessanter. Das erste der drei erklärten Ziele der Charta ist es, die Einnahmensituation der FIVA zu verbessern. An sich recht nachvollziehbar; wenn ich nicht soviel Zeit und Herzblut in meine Werkstatt stecken würde, wäre es bei mir auch nicht anders.
Aber blicken wir doch mal zurück auf die jüngere Geschichte:
Das mit den fehlenden Einnahmen scheint der FIVA ja schon länger ein Dorn im Auge zu sein. Seit längerer Zeit wird versucht, die FIVA-ID-card (den Fahrzeugpass der FIVA) irgendwo in Europa mal endlich als Voraussetzung zur Erlangung des Veteranenstatus (H-Kennzeichen etc.) durchzuprügeln. In ihrer Verzweiflung über die wohl doch nicht für jeden Blödsinn zu habende EU haben sie sogar die Schweiz erwogen. Hätte nur ein Staat dazu ja gesagt, so hätte die FIVA endlich einen Präzedenzfall, anhand dessen, nach "langjährigen und sehr guten Erfahrungen" man problemlos daran arbeiten könnte, ein nettes, gar nicht so kleines Monopol aufzubauen. Bisher brauchte man so einen Fahrzeugpass eigentlich nur, wenn man an hochkarätigeren Oldtimeranlässen mitfahren wollte.
Hier in der Schweiz verlangen einige besonders eifrige Kantone jetzt so einen Fahrzeugpass als Grundlage für die Zulassung als Oldtimer. Das Resultat ist, dass die Fahrzeuge jetzt meist in mit weniger vorauseilendem Gehorsam gesegneten Kantonen vorgeführt werden.
Bisher ist die FIVA, wohl gerade auch mangels finanziellem Hintergrund, noch relativ unbedarft vorgegangen. So kann ich den erheiternden Satz von deren eigener Homepage zum Thema ID-Card zitieren, dass "die FIVA ID-card sei kein Beleg für die Authentizität eines Fahrzeuges, sondern diene nur der Identifikation". Das wiederum hat bei unseren Strassenverkehrsämtern für genügend Verwirrung gesorgt, um das Thema insgesamt wieder in den Hintergrund verschwinden zu lassen. Schliesslich hatten die uns ja gerade erzählt, dass sie dank der FIVA-card jetzt von der lästigen Pflicht der Überprüfung des Originalzustands entbunden seien.
Hier war angedacht, dass jedes Fahrzeug mit Veteranenstatus eine FIVA ID-card besitzen soll. Preis 400 Franken, Gültigkeit 10 Jahre, erlischt bei Besitzerwechsel. Macht 40 Franken pro Fahrzeug und Jahr.
Für Leute, die mehrere Veteranen bewegen, käme so ein ganz erheblicher "Mitgliederbeitrag" für einen Club zusammen, der in Sachen Relevanz für die Oldtimerszene jeder rostigen Flachzange unterlegen ist.
Und für die Firma FIVA geht es dabei um mehrstellige Millionenbeträge, das sei der Korrektheit halber mal erwähnt.
Natürlich tun die auch was für uns. Sie vergeben grosszügig ID-cards an Replikas, Fälschungen und Nachbauten. Und sie geben ihre Fahrzeugpässe auch für Rennwagen von American LaFrance aus, obwohl mittlerweile sogar innerschweizer Mechaniker davon gehört haben, dass es das gar nie gegeben hat.

Bisher musste ich mich nur mit einem "Experten" herumschlagen, wenn ich meine Schwarten einlösen wollte. Wenn es nach der FIVA ginge, müsste ich mein Alteisen nun erstmal packen und auch noch bei deren Experten vorfahren. Im Gegensatz zum Strassenverkehrsamt wäre der FIVA-Experte aber nicht durch Gesetze gebunden und persönlichen Animositäten wäre Tür und Tor geöffnet. Doe nachfolgende Kontrolle durch den Beamten des Strassenverkehrsamtes bleibt aber erhalten. Also neu zwei Experten statt einem...


Ich möchte an dieser Stelle eindringlich darauf hinweisen, dass all unsere geliebten Fahrzeuge ihre Existenz und ihr Weiterbestehen Generationen von Mechanikern und Liebhabern verdanken. Nicht Politikern, nicht Champagnerclubs und keinen Weissweinglashaltern. Ohne all die begeisterten Schrauber und Spinner der Vergangenheit gäbe es heute keinen Grund für die Existenz einer FIVA, und so fordere ich etwas mehr Respekt vor den Milchkühen...pardon, Liebhabern, Schraubern und Spinnern. Das ewige Saugen nervt doch ganz ungemein. (Und an die, die glauben, den Eintritt in diese Gruppe kaufen zu können: vergesst es ! Mit Geld kriegt man kein Benzin ins Blut.) Zum Schluss bleibt die übliche Frage, nachdem wir ja jetzt wissen, dass die FIVA mit viel Geld ganz wenig für uns tun will.....ist eigentlich schonmal der umgekehrte Fall vorgekommen, wo die FIVA ggf.sogar ohne Bezahlung irgendetwas sinnvolles für die alteisenvernarrte, normalverdienende Allgemeinheit getan hat ?

Und ich erlaube mir den Hinweis, dass wenn Automobile zum UNESCO-Kulturerbe erklärt werden sollten, dies auch für Fahrräder, Mixer, Kandelaber, Nähmaschinen, Gurkenhobel, Kugelschreiber und Porzellantoiletten gelten sollte. Gerade die Erfindung der Nähmaschine hat unser Alltagsbild ja auch ganz gewaltig beeinflusst.

mit frohem Gruss
el Glatzo
Benutzeravatar
von Redundant
#19295
Moin el Glatzo,

ich fänd es eher verwunderlich und bedenklich, wenn Menschen mit völlig unterschiedlichem Erfahrungshintergrund aus einem Text die selben Rückschlüsse ziehen! :pssst:

Mir persönlich geht der materielle Wert eines Oldtimers meilenweit am Allerwertesten vorbei. Für mich hat einzig und allein der historische Wert/die historische Aussagekraft eine Bedeutung.

Wenn natürlich der niedere Beweggrund "Einnahmesituation" hinter dem hohen Wert der Höherbewertung des authentischen Zustands steht, ist das natürlich ein geistiges und ein charakterliches Armutszeugnis für die FIVA. Seine Habgier hinter einer wissenschaftlichen Herangehensweise zu verstecken ist schon arglistige Täuschung! KarteR)

Sich durch politische Interessensvertretung zu finanzieren ist im Zeitalter des Wirtschaftlobbyismus offenbar durchaus legitim. Aber dann sollten bitte aus politische Erfolge im Sinne des historischen automobilen Kulturguts auf der Agenda stehen. In diesem Punkt hat die FIVA bisher wirklich nicht viel vorzuweisen. Trotzdem möchte ich keiner Organisation und keinem Menschen unterstellen, dass Positionen nicht mehr verändert werden.

Das Problem mit den "Experten" ist generell, dass immer ein beträchtlicher Anteil "Kopfnote" im Gutachten ist. Die einzig gerechte Lösung ist die niederländische Vorgehensweise. Trotzdem halte ich einen verstärkten Schutz der Zeitzeugen für unbedingt notwendig. Sonst überleben von einer großen Modell-Bandbreite nur die Varianten, die entweder eine dicke Hose oder (nach dem Verkauf) ein dickes Bankkonto ergeben.

Bei den letzten beiden Absätzen gehen bei mir aber sämtliche Alarmglocken an. Mit "Benzin im Blut" bekommt man sicher einen 5er Zustand wieder "cool" auf die Straße. Aber für den Umgang mit einem Zeitzeugen fehlt normalerweise der gedankliche/geistige Hintergrund!.

Vermutlich war dein letzter Absatz nur als Stimmungsmache gemeint (zumindest klingt er beim lesen in meinem Kopf danach), aber speziell Nähmaschinen und Fahrräder, bzw. die Produktionsweisen dieser Gerätschaften haben die industrielle Entwicklung in Mitteleuropa sehr nachhaltig beeinflusst/vorangetrieben.

Mit einem Vorurteil möchte ich an dieser Stelle noch aufräumen: Einen Zeitzeugen zu kaufen und/oder einen Zeitzeugen angemessen zu restaurieren ist keinesfalls teurer, als eine "Besser-als-neu"-Renovierung! Ein automobiler Zeitzeuge ist oftmals kein materielles, aber ganz sicher ein geistiges Symbol der Tiefgründigkeit im Umgang mit Artefakten der Vergangenheit!

Viele Grüße,
Thorsten
von Andson
#19572
Grüß Gott zusammen!

Eure Diskussion verfolge ich jetzt schon seit einiger Zeit, die Leserbriefe in der aktuellen Ausgabe der Oldtimer-Markt zu diesem Thema veranlassen mich jetzt aber doch, hier einmal einzuhaken. Was die FIVA hier unter dem Namen "Charta von Turin" erarbeitet, leitet sich aus der "Charta von Venedig" ab, welche von Restauratoren bereits in den 60er Jahren erstellt wurde, um Denkmäler und Kulturgut vor allzu blindem Aktionismus zu schützen. Hat sich einer von Euch schon einmal mit dieser ursprünglichen Charta auseinandergesetzt? Da steht eigentlich nichts drin, was den Unmut der Oldtimer-Fahrer/ -Sammler oder Restauratoren hervorrufen sollte, es sei den der Oldtimer dient vornehmlich als Statussymbol oder Aushängeschild der eigenen Fähigkeiten. So sollen alle schützenswerten Kulturgüter beispielsweise ihrem ursprünglichem Zwecke zugeführt werden, welcher bei Fahrzeugen nun mal das Fahren ist. Allerdings soll das ursprüngliche Erscheinungsbild nicht verändert werden. Sicherheitsrelevante Anpassungen an aktuelle Standarts sind ausdrücklich erlaubt, ebenso moderne konservatorische Maßnahmen. Daneben sollen aber auch Spuren, die die Zeit hinterlassen hat, erhalten werden, sofern diese einen Gebrauch im ursprünglichen Sinne nicht verhindern. Notwendige Ergänzungen fehlender Teile sollen aber als solche erkennbar bleiben.

Für mich als restaurierenden Karosseriebauer heißt dies, daß "Drüberbratreparaturen" aus drei Generationen entfernt werden und einer fachgerechten Reparatur weichen dürfen. Ebenso heißt es aber auch, daß ein durchgefaulter Radlauf ersetzt werden kann, ohne das komplette Blechteil zu tauschen, und eine Schweißnaht, welche vom Kofferraum aus sichtbar bleibt, einem Rundumschlag vorzuziehen ist. Weiterhin ziehe ich einen verblichenen, verkratzten oder von der Sonne ausgebrannten Originallack jeder Neulackierung mit Wasserbasislack und obligater Orangenhaut vor. Pickel im Chrom sind Spuren der Zeit, komplett neuer Chrom meist viel besser als zeitgemäßer Standart und zudem immens teuer. Aber wer fährt schon mit einer neuen Ecke an einer sonst originalen Stoßstange herum?

Im Oldtimer-Markt-Artikel fiel die Äußerung, ein im Sinne der Charta restauriertes Fahrzeug wirke auf den unbedarften Betrachter meist in erster Linie schäbig. Und genau hier liegt das Hauptproblem: Um das historische Kennzeichen und damit die Steuererleichterung und die Ausnahmegenehmigungen von Fahrverboten in Umweltzonen zu bekommen und auch zu behalten, muß sich ein Fahrzeug laut unabhängigem Gutachten mindestens im Zustand drei befinden. Dieser Zustand ist mit patinierten Fahrzeugen oftmals nur schwer zu erreichen. Ob die Erteilung des H-Kennzeichens zukünftig einzig und allein vom FIVA-Fahrzeugpaß abhängig sein sollte, wage ich zu verneinen. Aber ein herkömmlicher Wald- und Wiesen-Gutachter wird auch nicht in der Lage sein, den Zustand angemessen zu beurteilen. Spätestens seit die FIVA sich vom ADAC besser repräsentiert sieht als vom DEUVET spreche ich dem Oldtimer-Weltverband die Kompetenz zur Vertretung der Interessen des kleinen Mannes ab. Auch wirtschaftliche Interessen sollten dem Weltverband nicht im Vordergrund stehen, schließlich wird der Erhalt von Kulturgut sogar als gemeinnütziger Zweck anerkannt. Wie Frau Tutt im Markt-Artikel richtig feststellte: die Charta soll als Denkanstoß dienen und ein Umdenken bewirken, aber nicht bevormunden. Natürlich sollten nicht 80% der existierenden Oldtimer ihren Status aberkannt bekommen, aber wenn wir uns dem Kulturgutgedanken völlig verschließen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir in Zeiten der völligen Telemetrie und des gläsernen Autofahrers mit unseren Schätzchen irgendwann nicht mehr auf die Straße dürfen.

In diesem Sinne

Andson
Benutzeravatar
von Redundant
#19575
Andson hat geschrieben:Im Oldtimer-Markt-Artikel fiel die Äußerung, ein im Sinne der Charta restauriertes Fahrzeug wirke auf den unbedarften Betrachter meist in erster Linie schäbig.
Genau da liegt glaube ich der Hund begraben! Die meisten Blicke die auf Oldtimer gerichtet werden, sind zu oberflächlich. Passanten sehen nur ob der Lack glänzt oder eben nicht. Die Qualität des Lacks interessiert gar nicht! Bei dem Opa, der mit dem Knöchel auf den Kotflügel tickt und sagt "Des war noch Blech!" ist das ja noch zu verkraften. Aber wenn vorgebliche "Kfz-Sachverständige" eine neue Lackierung besser bewerten als eine Originallackierung im altersgerecht gepflegten Zustand, tragen sie ihre Berufsbezeichnung zu Unrecht! :-o

Letztendlich ist es aber auch oft nur eine Frage des Pflegezustands, ob ein Wagen "irgendwie schäbig" oder als Kleinod wirkt. Zwischen den beiden Bildern unten liegt eine Lackreinigung mit anschließender Lackversiegelung. Der finanzielle Aufwand für den gesamten Wagen betrug ca. 20 Euro und ca. 20 Stunden Arbeit (inkl. Entfernung von "an der Karosserie hochgezogenem U-Schutz).
Bild
Bild

Bild
Bild

Wenn ein authentischer Wagen unschön wirkt, ist es in meinen Augen entweder ein Problem der mangelnden Betrachtungstiefe des Betachters oder ein mangelnder Pflegezustand des Wagens! :-\

Viele Grüße,
Thorsten
von Andson
#19591
"Wenn ein authentischer Wagen unschön wirkt, liegt das entweder an mangelnder Betrachtungstiefe des Betrachters oder an mangelndem Pflegezustand..."

Das ist relativ! Wenn putzen und polieren ausreicht, dann sollte hier natürlich das maximal mögliche getan werden. Aber der Opel ist substantiell wohl eher die Ausnahme. Was tut man aber, wenn aus statischen Gründen geschweißt werden muß, der Lack ist hier dann zumindest partiell nicht zu retten.
Die meisten Lackierer können und wollen nicht beilackieren, mal abgesehen davon, daß man zwischen einem neuen und einem 40 Jahre alten Lack immer einen Übergang sehen wird! Ich persönlich könnte damit leben, ein anderer wird das ganze Blechteil lackieren lassen, ein dritter wird auch damit nicht zufrieden sein und das ganze Auto neu machen. Oder eine aufgeplatzte Rücksitzbank? Das Loch einfach lassen? Nach einem besseren Gebrauchtteil suchen? Den Bezug abziehen und nur das beschädigte Stück Stoff ersetzen, auch wenn man das hinterher sieht? Nur die Sitzbank neu beziehen oder gleich den kompletten Innenraum, vielleicht sogar abweichend vom Original mit Leder? Oder eine Chromstoßstange, die an der unteren Kante ein bischen rostet, die linke Ecke ist verbogen und der Rest weist ein paar kleine Pickel auf: Putzen, Einwachsen und so lassen? Die verbogene Ecke tauschen? Die komplette Stoßstange neu verchromen?

Es gibt hier viele Philosophien, aber gerade der, dem das Geld locker sitzt, entscheidet sich meist für den Rundumschlag. Dabei gehören kleine Beschädigungen doch auch zur individuellen Historie eines Fahrzeugs und machen Patina aus! Nicht jeder Originalzustand ist wirklich schön, aber oft wird man deswegen angefeindet. Die Traktor-Szene ist da toleranter, weil viele der alten Maschinen immer noch in der Landwirtschaft eingesetzt werden, aber auf Sportwagen- oder Luxuskarossen-Treffen kann man sich mit einem ungeschönten Originafahrzeug böse Blicke und Schlimmeres einfangen.

Beispiel: habe im letzten Sommer mit ein paar Vereinskollegen eine Heckflosse wiederbelebt, die ca. 20 Jahre lang in einer oberbayerischen Scheune stand. Laut Papieren kommt das Auto ursprünglich aus Süditalien, bis auf zwei kleine Durchrostungen an den vorderen Schwellerspitzen ist die Karosserie substantiell gesund, bis auf ein paar Kleinigkeiten war das Auto komplett. Also habe ich die Schweller geschweißt und die Stellen beilackiert, die übrigen Kratzer und Dellen blieben unberührt. Ein Kollege hat den originalen gegen einen frisch überholten Motor aus einem baugleichen Unfallauto getauscht, wir haben eine intakte Windschutzscheibe eingebaut, allerdings mit der alten Dichtung, die vordere sehr rostige Stoßstange durch ein Gebrauchtexemplar mit leichten Dellen ersetzt, die komplette Elektrik gecheckt, das ganze Auto geputzt und gewienert und über die Lehne der Rückbank einen weißen Schonbezug gezogen. Okay, auf dem Dach ist der Lack flächig von der Sonne weggebrannt und die ganze Dachhaut ist von Flugrost überzogen. Diesen Bereich haben wir mit Pflegeöl eingerieben, ansonsten haben wir nur die Betriebsflüssigkeiten getauscht und die Bremsen überholt. Und dann sind wir den restlichen Sommer über auf Treffen gefahren, um die Reaktionen der Betrachter zu testen. Ergebnis: Flossen-Kenner waren begeistert ob der sensationellen Substanz, viele jüngere Leute fanden die Optik cool, einige Hardliner beschimpften uns, warum wir das Auto nicht zuallererst neu lackieren lassen, die breite Masse aber hielt das Auto schlichtweg für Schrott. Einmal stand neben uns eine andere Flosse, schlecht lackiert aber schön glänzend, unten Herum hundsmiserabel geschweißt und dick gespachtelt, im Detail alles andere als original (falsche Schalter, falsche Sitze, falscher Teppisch), der Motor lief wie ein Sack Schrauben und die Bremsen quietschten... . Und dann war da der Großvater, der auf unser Auto zeigte und seinem Enkel erklärte: "siehst du, wenn der fertig ist wird der auch wieder so schön wie der da!" Wir haben damals freundlich gelacht und erklärt, daß es nicht geplant sei, noch viel an dem Auto zu machen, vielleicht den Unterboden Eisstrahlen und ansonsten nur konservieren. Wenn man damit ein paar mal im Sommer bei schönem Wetter fährt und das Auto ansonsten trocken und gut belüftet steht, kann der Ist-Zustand wohl noch viele Jahre gehalten werden und Christbaumkugeln gibt es doch wahrlich mehr als genug. Interessant dürfte aber die geplante H-Abnahme werden. Mathematisch gesehen ergibt eine technische zwei und eine optische vier ja einen Durchschnitt von drei, aber ob das der TÜV-Prüfer auch so sieht... ?

Andson

Kostenloser bundesweiter Terminkalender von RADIO OLDTIMER

Nutzen Sie die Reichweite des Zentralsystems www.termine-regional.de, das bereits jährlich über 200.000 Termine und etwas über 50.000 Veranstalter zu verbuchen hat!